“Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.” Ps. 98, 1
Zu einem solchen Wochenspruch geht einem das Herz von alleine auf! Gerade wenn man als Musikfreund in Chören mitsingt und der musica sacra besonders zugetan ist. Wie schön, dass der Psalmist uns ausdrücklich ermuntert, auch neue Lieder zu singen! Nicht nur die ehrwürdigen hergebrachten Choräle sollen gesungen werden, wie das über viele Jahrhunderte in der Alten Kirche für die gregorianischen Gesänge galt. Sondern wir dürfen, ja wir sollen Gott mit all dem Schönen und Vielfältigen loben, was uns die Musik zur Verfügung stellt. Für Martin Luther, der ja selbst musikalisch gebildet und ausgebildet war, gab es da keine Beschränkungen, das trug wesentlich zur reichen Entfaltung der evangelischen Kirchenmusik bei, über Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach bis in die Neuzeit. Auch unsere Instrumente dürfen wir in der Kirche singen und erklingen lassen, das mag manchem ein Trost sein, der im Singen nicht so sattelfest ist. Auch das Tanzen kann dazugehören, auch das ist gut biblisch begründbar im Alten Testament, etwa bei David oder Mirjam.
Beim Liedersingen in der Kirche bedeutet dieses Psalmwort sicher keine Abwertung der alten Choräle;  ihr Reichtum bedeutet vielen viel, gerade im vierstimmigen Satz, der mit Sopran Alt Tenor und Bass der Verteilung der menschlichen Stimmen so vollkommen entspricht. Aber wem mancher Text zu altertümlich ist oder wer Synkopen oder Jazzklänge bevorzugt, der darf sich durch dieses Wort auch zu neuen Liedern ermuntert fühlen, etwa zu Liedern der Anbetung in heutiger Sprache oder auf englisch. Schön, dass es uns in Winterbach gelingt, in den Sonntagsgottesdiensten beides zu seinem Recht kommen zu lassen!

Das Psalmwort erinnert uns daran, dass das Singen und Musizieren in der Kirche nicht Selbstzweck ist, sondern seinen Grund im Danken und Loben gegenüber Gott hat: “Denn er tut Wunder”, oder, wie es in anderer Übersetzung heißt: “Denn er hat wunderbare Taten vollbracht”. Es geht um den Lobgesang der ganzen Schöpfung, aller Kreatur. Das Staunen über Gottes wunderbare Taten, vielleicht auch einfach einmal über Gottes wunderbare Natur jetzt im Frühling, mag manchen wohl zunächst still werden lassen vor Ergriffenheit. Und vielleicht zu einem stillen Dank- und Lobgebet an Gott Anlass geben. Aber als Gemeinschaftswesen, das der Mensch nun einmal ist, kann man das noch besser zusammen mit anderen zum Ausdruck bringen. Und am besten betet es sich im gemeinsamen Singen, das wusste schon Luther. Achten wir, bei aller musikalischen Schönheit und mancher Schwierigkeit in der musikalischen Ausführung, vor allem immer auch darauf, was wir singen, auf die textlichen Inhalte.
Klaas Engelken